Von der Idee bis zum Recycling – der nachhaltige Produktlebenszyklus 

Es ist für Produzenten von entscheidender Bedeutung, den Lebenszyklus eines Produkts ganzheitlich zu betrachten, um das Thema Nachhaltigkeit erfolgreich anzugehen. Das bedeutet, dass Produkte während ihres gesamten Lebenszyklus – von der Beschaffung der Rohstoffe über die Produktentwicklung und Produktion bis zur Entsorgung, Wiederverwendung, Aufbereitung oder Recycling – einen Einfluss auf die Umwelt haben. Insbesondere in der Produktentwicklung werden Entscheidungen getroffen, die die Nachhaltigkeit von Produkten beeinflussen. Wie klimafreundlich ein Produkt ist und ob es sich zur Kreislaufwirtschaft eignet, hängt im Wesentlichen von dessen Gestaltung und der Planung der Produktionsprozesse ab, die auf ressourceneffizienten Strategien beruhen.

Die Auswahl der Materialien im Produktdesign beeinflusst Aspekte wie die Transportwege für die Rohstoffe, die notwendigen Produktionsverfahren, den Grad der Recyclingfähigkeit und die Lebensdauer der Produkte. Das Produktdesign wirkt sich direkt auf die Reparaturmöglichkeiten, den Aufwand für die Demontage und die Potenziale für die Wiederverwendung aus. Diese Beispiele verdeutlichen, dass vermeintlich kleine Entscheidungen, die vor der eigentlichen Produktion getroffen werden, erhebliche Auswirkungen auf die Umwelt haben und die CO2-Bilanz eines Produkts beeinflussen.

PLM-Prozesse, die eine nachhaltige Produktentwicklung ermöglichen

Zentrale PLM-Prozesse spielen eine wesentliche Rolle, Unternehmen auf ihrem Weg in die Kreislaufwirtschaft zu unterstützen. Beginnend mit dem Innovationsmanagement können Produkteigenschaften und Zielmärkte festgehalten werden. Mit dem Anforderungsmanagement steht ein mächtiges Tool zur Verfügung, das unter anderem auch das Prinzip Design-to-Compliance unterstützt sowie alle Nachhaltigkeitsanforderungen aufnimmt und bei der weiteren Produktentwicklung nachvollziehbar macht. Neben Dokumenten, die die Produktentwicklung begleiten, wie zum Beispiel CAD-Dokumente, können alle in der Produktentstehung begleitenden Dokumente – von Richt- und Leitlinien über Lieferantenachweise oder auch Compliance-Nachweise – im System vorgehalten und mit den entsprechenden Artikeln und Produkten in Beziehung gesetzt werden. Bei der Auswahl der Materialien beziehungsweise dem Ermitteln geeigneter alternativer Materialien leistet das Materialdatenmanagement wertvolle Dienste. Die Tauglichkeit alternativer Materialien kann unter anderem mittels Simulationen überprüft werden. So wird im Entwicklungsprozess schrittweise sichergestellt, alle an das nachhaltige Produkt gestellten Anforderungen zu erfüllen. Ist die Produktstruktur eines komplexen Produkts bekannt, lässt sich daraus zudem der CO2-Footprint berechnen.

Unternehmen können durch die Integration von Ökobilanzdatenbanken oder via standardisierten Austauschformaten notwendige Informationen zu einzelnen Komponenten, ihren Werkstoffen und konkreten lieferantenspezifischen Daten direkt von den Lieferanten beziehen. Material Compliance kann direkt auf Basis der Komponenten prognostiziert werden und die Meldung des Produkts beispielweise an die SCIP-Datenbank der ECHA aus dem System heraus erfolgen. Soll-Werte der Ökobilanz eines Produktes und seiner Produktion können in nachgelagerten Prozessen gegen gemessene Ist-Werte abgeglichen werden. Dank des Internet of Things in der Produktion und im Betrieb des Produktes ist es heute schon möglich neue, umweltfreundliche Geschäftsmodelle einzuführen.

Anforderungsmanagement
Ein zentraler Bestandteil, um nachhaltige Produkte effizient auf den Markt zu bringen, ist die strukturierte Erfassung aller Anforderungen.

Verbraucher*innen bevorzugen zunehmend umweltfreundlichere Produkte, unterstützt durch neue Gesetze, die den Trend verstärken. Damit wird ein effektives Anforderungsmanagement in produzierenden Unternehmen immer wichtiger. Zum Beispiel sollte das "Recht-auf-Reparatur" ernst genommen werden und sich auch in unterschiedlichen Anforderungen hinsichtlich Modularisierung und Zugänglichkeit in den direkten Produkt- und Projektanforderungen widerspiegeln. Hersteller*innen müssen zudem notwendige Unterlagen, Werkzeuge und Teile bereitstellen, um die Lebensdauer von Produkten zu verlängern und Reparaturen im Betrieb zu ermöglichen. Nachhaltigkeitsbezogene Anforderungen können auch die Verwendung recycelter Materialen umfassen.

Lieferantenmanagement & Procurement 
Nachhaltiges Lieferantenmanagement bedeutet, Umwelt-, und Sozialkriterien in die Prozesse und Strategien der Lieferantenwahl und -bewertung zu integrieren. Ziel ist es, die gesamte Lieferkette eines Unternehmens nachhaltiger zu gestalten.

Dabei werden komponenten- und unternehmensbezogene Nachhaltigkeitskriterien und -Informationen direkt im PLM verwaltet, um bereits im Entwicklungsprozess die richtigen Entscheidungen zu treffen. Unternehmen setzen dabei spezifische Nachhaltigkeitsstandards fest, die ihre Lieferanten erfüllen müssen, darunter Umweltverträglichkeit, faire Arbeitsbedingungen und ethische Geschäftspraktiken.

Regelmäßiges Risikomanagement und Audits gewährleisten, dass die Lieferanten festgelegte Nachhaltigkeitskriterien einhalten. Dies kann durch interne Teams oder externe Prüfer erfolgen und die Ergebnisse geltungssicher im PLM verwaltet werden.

Ökobilanzierung & Product Carbon Footprint
Nachhaltige Produkte erfordern es, umweltrelevante Faktoren zu identifizieren, zu analysieren und  zu quantifizieren. Der Grundstein dafür liegt in der frühen Phase der Produktentwicklung, da hier wichtige Design-Entscheidungen in Hinblick auf Rohstoffe, Vorprodukte, Fertigungsprozesse und CO2-Footprint getroffen werden.

Die Integration der Nachhaltigkeitsdimension in das Product Costing kann Unternehmen maßgeblich dabei unterstützen, die ökologischen Umweltauswirkungen und ökonomischen Kosten von Produkten entlang ihres Lebenszyklus im Blick zu behalten. Die Einbeziehung von Umweltaspekten bei einzelnen Komponenten sowie Baugruppen entlang der Stücklisten (BOM) ermöglicht es schon frühzeitig im Entwicklungsprozess ressourcenschonende Design-Entscheidungen zu treffen. Dies unterstützt die Verwendung recyclingfähiger Materialien und wirkt sich letztendlich auch auf die Fertigungsprozesse aus. Indem umwelttechnische Aspekte über die Produktstruktur abgebildet werden, wird eine Aggregation über die Verbauungsstruktur möglich und die BOM zum Träger der Nachhaltigkeitsaspekte. Während in einer Engineering BOM (eBOM) noch keine prozessrelevanten Informationen enthalten sind, werden in der Manufacturing BOM (mBOM) Umwelteinflüsse aus dem Arbeitsplan und Logistikparameter mit in die Stücklistenkalkulation einbezogen.

Material Compliance
Es existieren eine Vielzahl von Gesetzen und Standards, die besonders bei der Auswahl und der Verwendung von potenziell umweltschädlichen Materialien in Produkten zu berücksichtigen sind:

  • RoHS (Restriction of Hazardous Substances): Diese EU-Richtlinie beschränkt den Einsatz bestimmter gefährlicher Stoffe in elektronischen und elektrischen Geräten. Sie verbietet unter anderem den Einsatz von Blei, Quecksilber, Cadmium und bestimmten bromierten Flammschutzmitteln.

  • REACH (Registration, Evaluation, Authorization and Restriction of Chemicals): Diese EU-Verordnung regelt die Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung von Chemikalien. Sie soll den Schutz von Mensch und Umwelt vor schädlichen Chemikalien verbessern.

  • Conflict Minerals: Diese Richtlinie verlangt von Unternehmen, dass ihre Lieferketten frei von sogenannten Konfliktmineralien sind. Dazu gehören Tantal, Zinn, Wolfram und Gold aus Regionen wie dem Kongo.

  • WEEE (Waste Electrical and Electronic Equipment): Diese EU-Richtlinie regelt die Entsorgung von Elektro- und Elektronikgeräten. Sie macht die Hersteller für die Sammlung und ordnungsgemäße Entsorgung ihrer Produkte verantwortlich.

  • Reach & SVHC (Substances of Very High Concern): Im Rahmen der REACH-Verordnung sind bestimmte Chemikalien als besonders besorgniserregend eingestuft und auf einer Kandidatenliste für eine mögliche Zulassung oder Beschränkung geführt. Unternehmen müssen sicherstellen, dass ihre Produkte keine SVHC enthalten oder bestimmte Konzentration nicht überschreiten.

Gemäß der EU-Abfallrahmenrichtlinie müssen Hersteller, Importeure und Händler von Erzeugnissen, die SVHC in einer Konzentration von mehr als 0,1 Gewichtsprozent enthalten, diese Informationen an die ECHA melden. Die ECHA-Scip-Datenbank ermöglicht es den Unternehmen, diese Meldungen elektronisch vorzunehmen. Die Informationen sind öffentlich zugänglich und für Verbraucher, Behörden und andere Interessengruppen einsehbar. Ziel der Datenbank ist, den Informationsfluss entlang der Lieferkette zu verbessern, den Verbrauchern Zugang zu Informationen über gefährliche Stoffe in Produkten zu ermöglichen und so die Recycling- und Entsorgungsprozesse zu verbessern.

Nachhaltigkeit ganzheitlich denken und umsetzen

Neben diesen essenziellen PLM-Prozessen tragen auch Schlüsselthemen wie IoT, Energiemanagement, Cloud und der digitale Produktpass maßgeblich dazu bei, eine ganzheitliche nachhaltige Produktentwicklung zu unterstützen und die angestrebten Nachhaltigkeitsziele zu realisieren.

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